29. Oktober 2022
Traditionell eröffnet die mit fast 1.100 Objekten starke Auktion „Europäisches Glas & Studioglas“ am 29. Oktober 2022 mit dem Formglas - gläserne Kostbarkeiten, die die Jahrhunderte überlebten. Ein besonderes Stück in dieser Sparte ist eine sogenannte Stauchflasche aus gelbgrünem Glas, welche als spätmittelalterliche Flaschen schlechthin gelten. Die ungewöhnliche Form der gestauchten Wandung gibt bis heute Rätsel über die Funktion und den Gebrauch solcher Flaschen auf. Sie entstand in Deutschland im 15. oder 16. Jahrhundert und ist auf 14.000 bis 18.000 Euro taxiert.
Das Schnittglas ist auch in dieser Auktion wieder gut bestückt und zeigt eine Bandbreite an künstlerischem Können der Graveure aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Herausragend und ohne Zweifel ein Highlight der Auktion ist ein schlesischer Becher von Friedrich Winter. Er ist ein Belegstück seines meisterlichen Könnens im Bereich der Hochschnitttechnik, hier in den Ornamenten ausgeführt und kombiniert mit drei fein geschnittenen Bildfeldern, welche verschiedene Szenen zeigen. Ein vielschichtiges und seltenes Stück, was sich bei dem Schätzpreis von 15.000 bis 18.000 Euro niederschlägt.
Anton Kothgasser zählt zu den bekanntesten Hohlglasmalern der Biedermeierzeit und ist insbesondere für seine Ansichtengläser aus Wien bekannt. In unserer Auktion ist ein Ranftbecher mit einem lieblichen Motiv in Brauntönen zu finden. Dabei steht Amor vor einer großen Vase und ordnet das Blumenbukett, darunter die Inschrift „Blühe imer“. Der Rufpreis des Bechers beträgt 3.000 Euro.
Eine Sammlung in einer Auktion anbieten zu können, ist immer etwas Besonderes. So auch in dieser Auktion, in der die Sammlung eines norddeutschen Sammlers angeboten wird, dessen Augenmerk auf dem Glas des Jugendstils liegt. Eine seltene Vase von Emil Gallé fällt dabei besonders auf, da sie in der aufwendigen Marqueterie-sur-verre-Technik ausgeführt ist. Hierbei sind farbige Glasplättchen in die Wandung eingeschmolzen, in den Dekor eingearbeitet und in Hochschnitt zu Orchideenblüten und Blätter nachmodelliert. Eine aufwendige und meisterlich ausgeführte Technik, die sich bei einem Aufrufpreis von 5.000 Euro niederschlägt. Die Vollendung erfolgte bei dem kurz vor 1900 entstandenen Stück durch die Gravur des Bodens mit „Cristallerie Gallé“. Die Jugendstilsparte ist in der diesjährigen Herbstauktion besonders gut bestückt, so auch weitere französische Highlights von Daum Frères oder Gabriel Argy-Rousseau, aber auch von Loetz Wwe aus Klostermühle.
Absolutes Zentrum für moderne Glaserzeugnisse des 20. Jahrhunderts war und ist die Manufaktur Venini in Venedig, besser gesagt aus Murano. Fulvio Bianconi entwarf in den 50er und 60er gefragte Sammlerstücke für Venini in Anlehnung an die sogenannte Tessere-Technik, die bis in die Antike zurückgeht. Hierbei werden farbige Glasstücke geometrisch angeordnet und verschmolzen – somit bildet sich ein ästhetisches „Flickwerk“, im italienischen „Pezzato“. Eine solche Pezzato-Vase, taxiert auf 5.000 bis 7.000 Euro wird sicherlich einige Bieter auf den Plan rufen.
Neben solchen Klassikern der Moderne gibt es aber auch die zeitgenössischen Glaskünstler, die durch monumentale und skulpturale Glaskunst auffallen, wie beispielsweise der tschechische Künstler Ivan Mareš. Die großen Objekte des Künstlers erfordern eine lange Planung sowie Sorgfalt und leben von dem Spannungsfeld zwischen Größe und Zerbrechlichkeit des Materials. Die Skulptur „Stier“ zeigt die reduzierte Form eines Stierkopfes in einem kräftigen Gelb, welches teils poliert und teils rau belassen einmal mehr ein Spannungsfeld aufbaut. Lichtdurchflutet eine reizvolle Skulptur und Eyecatcher, welche mit 14.000 bis 19.000 Euro zu den teuersten Kunstwerken der Auktion gehört.